Brüchige Abneigung

In der letzten Woche habe ich zwei Bücher gelesen. Beide haben mir sehr gut gefallen. Nachdem ich es aufgegeben habe, „Tauben fliegen auf“ von Melinda Nadj Abonji zu lesen (ich hab es einfach nicht geschafft das Ding zu Ende zu lesen), habe ich „Familie Salzmann“ von Erich Hackl und „Francoise und ihre Liebhaber“ von Felicien Marceau gefressen. Das eine, „Familie Salzmann“, las ich auf der Lenzerheide an der Sonne, das andere fand ich in meinem Bücherregal (keine Ahnung, wie es dahin kam) und las es im Zug und an Tramhaltestellen. Beide haben mir ausserdordentlich gut gefallen. „Familie Salzmann“ war sehr eindrücklich und traurig. Aus „Francoise und ihre Liebhaber“ nehme ich diese Stelle mit: „… sie fand dann letztlich wieder zu ein wenig Würde zurück, indem sie Pierre befahl, ihre Briefe zurückzuschicken, wobei zu erwähnen ist, dass sie ihm nicht ein einziges Mal geschrieben hatte, was beweist, dass für Menschen oft das Ritual wichtiger ist als die Realität.“

Kennst du das? Wenn dich Traurigkeit befällt in einer unerwarteten Plötzlichkeit? Mir geht das seit gestern Abend so. Ich bin bodenlos, endlos, erschreckend traurig. Ich habe Kopfschmerzen, jeder Knochen tut mir weh, als wäre mein Körper meine Gefühlswelt. Am liebsten würde ich mich in mein Bett legen und einschlafen – für immer. Nie wieder atmen, nie mehr aufstehen, nie mehr sehen. Es ist diese öde Form von Traurigkeit, die keine Ähnlichkeit hat mit der süssen, melancholischen Traurigkeit. Alles fühlt sich sehr, sehr falsch an. Ich denke an Menschen, die mir gerade eben noch interessant erschienen, mit einer seltsamen brüchigen Abneigung. So, als würde man mit einer schnellen Kopfbewegung den Blick abwenden wollen. Heute morgen habe ich mein Spiegelbild kaum ertragen, ich konnte mir nicht in die Augen sehen. (Was mir zugegeben fast nie passiert.) Ich hoffe, dass dieser Zustand bald vorüber geht, ich glaube nämlich, dass ich den nicht lange aushalte. Ich würde gern in Marceaus Buch flüchten, dahin: „Schliesslich schaltete er den Fernseher ein, drehte, da er kein interessantes Programm fand, den Ton weg, liess jedoch das Bild. Auch das ist eine Form des Glücks.“

2 Gedanken zu “Brüchige Abneigung

  1. Ich hoffe, es war der böse, zugegebenermassen schön
    ausschauende, aber trotzdem nicht nette Virus, der da so sehr
    schmerzte. Ich hoffe auch, dass der Schmerz vorüber gegangen ist
    und wenn nicht, dass dieser dies SCHLEUNIGST, aber SUBITO und zwar
    jetzt sofort macht. Weit weg verreist. Sich verdünnisiert. Blopp
    weg. Ja, so. (Wiederreden werden nicht akzeptiert.
    *pfffff*)

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