Es ist ja so, dass etliche Zitate-Lexikas Hermann Hesse völlig ignorieren. Obwohl seine Gedichte und Aussprüche wie geschaffen wären für Lexikas. Zum Beispiel im „Lexikon der Sprichwörter & Zitate“ vom Harenberg Verlag kommt Hesse überhaupt nicht vor. Ohne ein Sterbenswörtchen wird er einfach weggelassen. Einerseits könnte dies ein rechtliches Problem sein. Andererseits ist es vielleicht so, dass sobald wir älter sind als 18 schämen wir uns unserer Hesse-Liebe (und ich bin überzeugt, dass jeder der Hesse als Teenager gelesen hat, diese Hesse-Liebe empfunden hat). Wir verachten dann also als Erwachsene den umtriebigen Poeten. Nur warum? Weil er allzu bildhaft schreibt? Ist Hermann Hesse zu plakativ? Sozusagen die SVP unter den Poeten? Zu wenig differenziert? Oder schämen wir uns einfach unserer rosa Teenager-Brille? Wie auch immer, hier mein Hesse-Lieblingsgedicht für das ich mich nicht schäme:
Doch heimlich dürsten wir …
Anmutig, geistig, arabeskenzart
Scheint unser Leben sich wie das von Feen
In sanften Tänzen um das Nichts zu drehen,
Dem wir geopfert Sein und Gegenwart.
Schönheit der Träume, holde Spielerei,
So hingehaucht, so reinlich abgestimmt,
Tief unter deiner heiteren Fläche glimmt
Sehnsucht nach Nacht, nach Blut, nach Barbarei.
Im Leeren dreht sich , ohne Zwang und Not,
Frei unser Leben, stets zum Spiel bereit,
Doch heimlich dürsten wir nach Wirklichkeit,
Nach Zeugung und Geburt, nach Leid und Tod.
(Hermann Hesse)
Dürstend,
Hasenherz