Ich lese gerade ein Buch. „Alberta empfängt einen Liebhaber“ von Birgit Vanderbeke. Es ist ein wahres Vergnügen dieses Buch zu lesen. Ihre Sprache ist genial und ihr Ton verspielt und säuerlich und so, dass man ins Lächeln gerät und fast nicht mehr davon wegkommt. Sie schreibt so Sachen wie: „Der Himmel war ungefähr blau.“ oder „Es war ein Moment von dem einem die Seele gerinnt.“
Und dann gibt es diese Stelle über die Liebe, die ich sehr mag (und ich mag die Stelle, weil sie etwas in mir anrührt, weil ich mich und meine eigene spärliche Wirklichkeit darin wiedererkenne): „Es gibt Lehrgänge und Kurse gegen jeden Quatsch auf der Welt, ich kann Paläographie, Crêpes Suzette und Buchhaltung lernen, Fahrstunden nehmen und mir alle mögliche Software vorwärts und rückwärts beibringen, ich kann Halogenschweissgeräte bedienen und flexen und faxen, Rosen pflanzen, nur mit der Liebe kenne ich mich nicht aus. Mit der Liebe kennt sich in Wirklichkeit keiner aus, obwohl es jeder behauptet und mindestens drei oder vier Theorien dazu hersagen kann. Aber wenn es ernst wird, merkt man sofort, dass die Theorien nichts taugen, weil ausgerechnet der eigene Fall nicht darin vorkommt, sondern immer nur schlichte Modelle, und die eigenen Fälle sind nicht schlicht, sondern einmalig und kompliziert; einmalig besonders auch in ihrer Unergründlichkeit, Undurchsichtigkeit, ihrer einmaligen Unverständlichkeit, Unübersetzbarkeit und der besonderen Grausamkeit, mit der sich diese einmalige Sache unausweichlich erst ernst und bedrohlich entwickelt, um einen dann mit galoppierender Geschwindigkeit aus der Kurve und in die grässlichsten Gruben und Abgründe zu tragen. Es müsste, dachte ich, Selbstverteidigungskurse dagegen geben. „
Wenn man sich – so wie ich – mit erheblicher Geschwindigkeit zwischen den Welten bewegt und dabei auch noch Fieber hat und wenn man – so wie ich – alles wie ein trockener Schwamm aufsaugt und verdaut und dann wieder ausspuckt, mitsamt allen Nährstoffen und schlussendlich nichts wirklich aufnehmen kann, dann kann es schon passieren, dass man von „Unfassbarkeit“ spricht, weil man es nicht wirklich fassen kann. Um ein Beispiel zu machen: Gestern um 14 Uhr war ich Chuck Bass aus Gossip Girl und später um 17 Uhr Florentino Ariza aus „Die Liebe in Zeiten der Cholera“.
„I lost all contact with my only saviour“ (The Who)