Kostbare Augenblicke, Aufbruch und Zeit

„oh, you haunt me with your violent heartbeat at night…“ (The Cardigans)

Heute war ich mit Badana im Exil an einem Konzert von Los Dos und Thomas Ott. Es war seltsam. Ich mag den Raucherraum im Exil. Er hat so was Heimatliches. Ansonsten hat mich die Stimmung, der Geruch, die Menschen stark an meine Zeit in besetzten Häusern erinnert. Ich hab darüber nachgedacht, wie es damals war, als ich mit 18 von zu Hause ausgezogen bin. Wir wohnten in einem ehemaligen Bordell gleich beim Helvetiaplatz in Zürich und es roch immer ein Bisschen nach Aufbruch.

Als ich mit Schweinegrippe im Bett lag – es war Wochenende und ich verbrachte es in einem diffusen Dämmerzustand – erhielt ich Nachrichten von Menschen, die mich nach Spontanität und Leichtigkeit fragten. Wenn man Single ist, so wie ich, hat man diese losen Kontakte zu Männern. Diese Kontakte, die immer wieder sterben und versiegen und dann zufällig wieder aufflammen. Man verbringt dann verrückte Nächte mit einem fremden Menschen, zu dem man dann in den wenigen Stunden Nähe aufbaut, es fühlt sich für einen Augenblick an wie Ewigkeit. Ich mag diese Kontakte und ich mag diese Nächte. Die Welt ist dann vertrauter. Ich hätte also nach Bern reisen können. Oder nach Luzern. Ich hätte tanzen können, lachen, küssen, leben. Das seltsame an dieser Tatsache ist, dass ich nicht traurig darüber bin, es nicht habe tun können. Die Möglichkeit alleine reichte völlig.

Letztes Wochenende, ich war noch etwas zittrig, habe ich nach über einem Jahr mal wieder Tom getroffen. Ich mag Tom. Ich liebe Tom. Mit ihm zu reden ist Balsam für den Geist und die Seele. Tom ist Heimat. Ich kann mich zu ihm an einen Tisch setzen und es ist, als wäre keine Zeit vergangen. Ich mag Tom für seine Ernsthaftigkeit, für seine Genauigkeit, für seine Trockenheit, für seine Heiterkeit, für seine Sentimentalität, für seine Nähe. Und als ich ihn dann verlassen musste, hoffte ich sehr, dass bis zum nächsten Treffen kein Jahr mehr vergehen möge. So ist das mit der Zeit – sie vergeht unmerklich.

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