We can’t go on together with suspicious minds

Sie sass an der Bushaltestelle und ass Himbeeren. Es war Winter und ihr war klar, dass sie damit ihr Gewissen arg strapazierte. Doch der süsse Duft des Sommers hatte sie schwach werden lassen. Jetzt atmete sie aus, ein paar Mal hintereinander, um den Geschmack der Beeren lange in der Nase zu haben. Es war neblig und sie fror an die Beine. Sie nahm erneut eine Beere aus dem Körbchen und hielt sie zwischen Daumen und Mittelfinger und betrachtete sie. Sie stellte fest, dass die Farbe ihrer Fingernägel fast exakt die selbe der Himbeere war. Darüber musste sie lächeln.

Er hatte gerade seinen Job gekündigt. Endlich, nach langen Jahren des Zauderns und Zögerns. Die Personalabteilung hatte ihm mitgeteilt, dass er erstmal nach Hause gehen könne, man würde sich beraten und er solle sich morgen um 9 Uhr zu einem Gespräch einfinden. Aufgrund seiner Tätigkeit in strategischen Projekten ahnte er, dass er wohl für die Kündigungsfrist freigestellt werden würde. Er wusste nicht, ob er darüber erfreut sein sollte. Überhaupt hatte er gedacht, dass er erleichterter sein würde. Er fror und blickte von seinem Handy auf, um erneut auf die Anzeigetafel der Bushaltestelle zu schauen. Noch 2 Minuten. Und da sah er sie. Sie ass Himbeeren. Im Winter. Sie nahm eine Beere zwischen die Finger, betrachtete sie und lächelte. Es sah bezaubernd aus. Diese Versunkenheit, diese kleine Geste des Glücks. Und da schlug es ein, das Gefühl von Trauer, Unsicherheit und wahnsinnig grosser Zuversicht. Alles auf einmal. Er hätte auf der Stelle tanzen können und weinen. Gleichzeitig.

Sie blickte auf und sah in die Augen eines Mannes, der sie gedankenverloren anstarrte. Mit offenem Mund. Sein Gesichtsausdruck hatte etwas anrührendes. Er sah nicht im eigentlichen Sinne gut aus, doch etwas an ihm gefiel ihr. Waren es seine Augen – ein helles Grün – oder war es sein Ausdruck? Sie wusste es nicht. Sein unverwandter Blick verunsicherte sie, doch sie fühlte sich gerade stark und fröhlich und deshalb nahm sie ihren ganzen Mut zusammen. Sie sah ihm direkt in die Augen und lächelte ihn an.

Seine Gefühle fuhren gerade Achterbahn, als er merkte, dass ihn die Frau mit den Himbeeren ansah, kurz zögerte und ihm dann ein Lachen schenkte. Er erschrak. Ein solch offenes Lächeln an einer Bushaltestelle war eine Seltenheit. Wahrscheinlich hatte er es noch gar nie erlebt. Eine unendliche Sekunde lang war er wie erstarrt. Und blickte dann zu Boden.

Der Bus kam, sie stieg ein. Er blieb sitzen. Er versuchte ihren Blick zu treffen als der Bus losfuhr. Die Frau mit den Himbeeren aber sah in die andere Richtung.

And we can’t build our dreams on suspicious minds.

2 Gedanken zu “We can’t go on together with suspicious minds

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