
Hasenviech: Keinen Bock mehr auf Gejammer
Ich habe einen Kater. Keinen klassischen Kater vom Alkohol. Wenn man das Leben gefährlich lebt – wenn man überhaupt lebt, so wie ich mein Leben verstehen möchte und (Gott sei Dank) auch gerade verstehen darf – sind solche Katertage ab und zu Usus. Dann ist mir schwindlig, als wäre ich, nach fünf Portionen Zuckerwatte, zehn Runden Achterbahn gefahren. Ich möchte mich in die nächste Hecke übergeben und danach tanzen gehen. Aber heute gehe ich nicht tanzen, ich habe mich dagegen entschieden. Denn wenn man einen Kater hat, sollte man diesem Rechnung tragen, um sich nicht noch einen richtig ausgewachsenen Psychokater einzufangen. Nachdem ich gestern mit meinem dreijährigen Neffen zu Queen im Wohnzimmer rumgehüpft bin (O-Ton Neffe: „Das isch aber no luschtigi Musig!“), was wahnsinnig gut getan hat, hab ich erstmal richtig geschlafen. Und heute dann hab ich Hasenviecher-Bilder produziert. Ganze sieben Stück. Jetzt fühlt sich mein Inneres bereits schon aufgeräumter an und mein Kopf ist klarer.
Das Problem an dieser Art Kater ist ja, dass er einen zwingt nachzudenken. Und wenn man Sachen intensiv erlebt, dann hinterlässt das auch immer so eine tiefe, bodenlose Traurigkeit. Darüber, dass diese Momente bereits vergangen und so nie wiederkommen werden. Das Nachdenken über die glühenden Momente, die gerade erst vergangen, trägt einen weiter in die Vergangenheit, zu anderen Erinnerungen und so weiter. Wie auf einem Fluss, der erst langsam zieht, der dann aber an Geschwindigkeit gewinnt, bis er reissend wird und man keine Ahnung mehr hat, wie man – zur Hölle – ans Ufer gelangen soll. Man möchte anhalten, den Fuss auf den Boden stellen, vom Karussell springen, die Zeit zurückdrehen.
Kann man aber nicht. Man muss all diese Gefühle fühlen, man muss die Schwermut durchschreiten. Es gibt keine Abkürzung, da muss man durch, bis man am Ende angelangt, bis es vorbei ist. Man muss damit leben. Auch mit allen Fehlern, von denen man, gerade in so Herzblut-Zeiten, einige begeht. Kopf hoch. Alles wird gut.

Hasenviech: Ein echter Drahtseilakt
„Ich verspüre eine Eifersucht auf alle Winter, die du haben wirst, ohne mich.“
(Judith Hermann: Sommerhaus, später)