Dieser Ort hier ist irgendwie magisch. Die Aussicht ist grün und regennass und hinreissend. Man blickt hinunter ins Tal, dort wo das Leben stattfindet, wo Autos fahren und Lichter brennen. Hier aber auf dem Berg, in der Kluft ist alles ruhig. Es ist noch dunkel, das Licht jedoch drückt bereits über den Horizont. Es wird kein schöner Tag mit Sonne und Wärme. Es wird ein „Forks“-Tag. Doch gerade diese Wolken, die klare Luft, der Regen und die Nebelschwaden, die sich durch die schwarzen Bäume drücken, machen diesen Tag zum Ausdruck meines inneren Zustands. Wetter ist sowieso eine ganz famose Art der Ausdrucksweise. In manchen Fällen, wenn das Wetter so gar nicht mit dem inneren Zustand übereinstimmt, kann es anstrengend sein. Liebeskummer im Hochsommer zum Beispiel. Ätzend.
Hier oben ist man weit weg von der Welt. Hier oben ist man irgendwie auch weg von sich selbst und von seinem Leben. Alles verschwindet unter einer Wolkendecke, verblasst im nassen Nieselnebel. Man atmet aus, atmet ein, bekommt kurz Panik, dass einem alles entgleitet, atmet aus, atmet ein, versucht das lose Ende des Gefühls zu fassen, atmet aus, atmet ein, versucht sich zu erinnern, atmet aus, atmet ein, fällt in sich selbst zurück, atmet aus, atmet ein und nimmt es an. Abstand und Vergessen sind vielleicht gut. Meistens bringt uns Distanz ja näher zu uns selbst zurück. Die Geduld wohnt im Tessiner Nebel.