Meine Knie liegen blank.

Haare zum Himmel. Düsenmotoren im Bauch.

Haare zum Himmel. Düsenmotoren im Bauch.

Häschen hatte ein schwieriges Wochenende. So wie ich auch. Wir haben also unser Wochenende in unserer Küche verbraucht. Rauchend, trinkend und irgendwie erschlagen. Ich hab – als ich mal die Strasse zu unserem Haus entlangegangen bin – gedacht: Schweren Herzens. Es gibt sie doch immer mal wieder, die Literatur-Sätze. Wo man beim lesen denkt: Das sind halt einfach so Bilder. Und irgendwann erinnert man sich an die Stätze und weiss: Genau so fühlt sich das an.

  • Schweren Herzens
  • Nerven, die blank liegen
  • Weiche Knie
  • Schmetterlinge im Bauch
  • Kalt den Rücken herunterlaufen
  • Siedendheiss einfallen
  • Alle Haare zu Berge stehen

Beim Schreiben versucht man immer andere Bilder zu finden für diese Dinge. Weil diese Bilder sehr platt sind. Natürlich unglaublich treffend. Aber auch platt. Wenn man zu sehr versucht andere Bilder zu finden, geht das manchmal daneben. Dann wirkt es aufgesetzt und doof. Ja! Lasst uns spielen!

  • … Ihr Herz fühlte sich tonnenschwer, ja so an, als ob sie ein Lastkran in ihrer Brust tragen würde…
  • … Seine Nerven waren wie blossgelegte Kabel auf regennassem Boden. …
  • … Meine Knie fühlten sich an wie eine durchgelegene Matratze in einer Absteige. Ich traute mich nicht einen Schritt zu tun, weil ich Angst hatte, meine Beine würden mein Gewicht nicht halten. …
  • … Ihm war seit Tagen irgendwie schlecht. Und dann wurde ihm klar, dass es sich nicht um eine Magenverstimmung handelte, sondern um akute Verliebtheit. In seinem Bauch hatten sich ein Gefühl eingenistet, dass er so nicht kannte. …
  • … Ihr war, als ob Kinder bald auf ihrem Rücken Schlittschuh laufen konnten. Es fühlte sich an, wie ein Natursee, der im Zeitraffer einfriert. …
  • … Dein Kopf wird rot und du fasst dir an die Stirn. Du sagst: Scheisse. Und dann: Ich glaube, ich habe Fieber. …

So. Fertig gespielt.

Diese Woche werde ich auch noch durchstehen. Komme was wolle. Alles hat seine Zeit. Alles wird gut. Immer schön einen Fuss vor den anderen. (Um gebetsmühlenartig Plattitüden aneinander zu reihen.)

Kaddisch

Das waren jetzt die seltsamsten 24 Stunden seit langem… Was mir alles passiert ist! Man sagt, ich hätte Gott beleidigt und er macht mich jetzt fertig. So, als wäre gestern nach kurzem, traumlosen Schlaf, als ich die Augen öffnete, ein Schalter umgelegt worden. Der Tag war so unglaublich seltsam, dass es mich nicht erstaunte, als mir mein Weinglas aus der Hand fiel und sich in tausend Scherben über den Boden verteilte. Die Nachricht von meinem Vater, die zu knapp für seine Verhältnisse war, kam zum Schluss. Er schrieb: „Ich kann dich nicht erreichen. Ruf mich an.“

Meine Grossmutter war eine sehr lustige Frau. Eine sehr eigenständige, dickköpfige und fröhliche Person. Der man aber die Abgründe anmerkte. Sie sprach nicht über das wirklich wichtige. Sie erzählte viele Geschichten, aber die wirklich wichtigen Dinge liess sie aus.
Möge ihr die Erde leicht sein.

El malej Rachamim, schochen baMromim,
hamze Menuchah nechonah,
tachat Knafej haSch’chinah,
beMaalot Keduschim, Tehorim veGiborim,
keSohar haRakia mas’hirim. (…)

Bei gleicher Umgebung

„Bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.“ (Schopenhauer)

Am Mittwoch habe ich mit einem guten Freund über die Verantwortung, die man gegenüber anderen in Bezug auf die eigene Geschichte hat, geredet. Es gibt ja die Dinge, die einem passieren. Die Dinge, die so tiefe Wunden hinterlassen, dass die Narben auch noch Jahre später ziepen und brennen. Nun muss man ganz für sich alleine lernen mit diesen Narben umzugehen. Man muss lernen, wann sie am meisten schmerzen und wie man darauf reagiert. Das mag ja eigentlich noch ganz gut gelingen. Nun ist es aber so, dass man andere da mit reinzieht. Man redet über die Wunden und das Gegenüber muss damit umgehen. Man reagiert seltsam wegen den Wunden und das Gegenüber muss damit umgehen. Das Gegenüber ist dabei oft hilflos und irritiert. Lässt man also die eigene Geschichte auf andere Menschen los, muss man sich der Wirkung stellen. Versuchen das Gegenüber aufzufangen, es ihm leichter zu machen, sich erklären, sich zusammenreissen. Das eigene Schicksal annehmen.
Ich habe es nicht gewählt und trotzdem muss ich die Verantwortung dafür übernehmen. Ziemlich beschissen, ehrlich gesagt.

„So ist das Leben und so muss man es nehmen: tapfer, unverzagt und lächelnd, trotz allem.“ (Rosa Luxemburg)

Der zweifelhafte Gast

Der zweifelhafte Gast von Edward Gorey

Der zweifelhafte Gast von Edward Gorey

Phu. Mir ist etwas flau. Ich hab gestern billigen Aldi-Whiskey getrunken (es war ein Notfall) und der hatte es in sich. Nun denn, es war nötig. Und jetzt also Ostern. Ostern ist mein Lieblingswochenende im Jahr. Weil man viel frei hat und Ostern meistens in den noch zögernden Frühling fällt. Heute riecht es nach feuchter Erde und Anfängen. Ich mag das sehr. Der Karfreitag mag ich ganz besonders. Ich erinnere mich an einige vergangene Karfreitage gern zurück. Da war zum Beispiel der Karfreitag, wo ich Leander das letzte Mal gesehen habe. Wir hatten harte Zeiten hinter uns, ich habe die Todesanzeige für seinen Bruder verfasst und in seiner Familie – in die ich so plötzlich geworfen wurde – war sehr viel Trauer. Diese Trauer und die Plötzlichkeit hat dazu geführt, dass unser „uns“ nicht weiterging. Aber unser letzter gemeinsamer Tag war sehr schön. Er war leicht und wehmütig und geprägt von Wohlwollen. Es war Karfreitag und – wie dieses Jahr – regnerisch. Wir zogen durch die Strassen, lachten viel. Wir assen, tranken und verabschiedeten uns für immer.

So ist das. Manchmal trifft man auf Menschen (und auf Orte in Menschen), verbringt eine kurze, glimmende Zeit, geht dann weiter, der Strasse entlang, an Wänden und Wiesen vorbei, auf den Wald zu. Dunkler, tiefer, schöner Wald.
Und dann gibt es aber auch die Menschen, die unverhofft in unser Leben treten und bleiben. Sie setzen sich auf das meergrüne Sofa, klopfen das Kissen zurecht und schauen sich nach einem Getränk um. Man selbst steht noch immer am Eingang, mit der offenen Tür in der Hand und weiss nicht so recht, ob man den Gast höflich bitten soll zu gehen. Dann aber denkt man: Jänu. Schlägt die Tür zu und fragt: Schnaps oder Wein?

PS: Im Easy-Tal gibt’s keine Gastritis.

And miles to go before I sleep

Gestern war ich unvernünftig. Ich blieb lange auf, trank zu viel und fühlte die klamme Kälte nicht. Die Nacht war gut zu mir. Nach inspirierenden Begegnungen hab ich am nächsten Tag meistens Gedichtzeilen im Kopf. So wie anderen Leuten Lieder nachlaufen, laufen mir Worte nach. Heute wären es eben diese:

„… und das Schiff mit acht Segeln und fünfzig Kanonen wird entschwinden mit mir…“
(Seeräuber-Jenny aus „Die Dreigroschenoper“ von Bertold Brecht)

und

„The woods are lovely, dark, and deep.
But I have promises to keep,
And miles to go before I sleep,
And miles to go before I sleep.“
(„Stopping by Woods on a Snowy Evening“ by Robert Frost)

und

„Könnten doch Alle, alleallealle
Glücklich sein!
In allen Welten, zu allen Zeiten
Jahrtausend Universen lang

Könnten doch Alle
wie Nomaden wandern,
wandernwandern
immer weiterziehen“
(„Alles“ von Antonia Keinz)

Ich mische das also in meinem Kopf zusammen und bete es rhythmisch vor mich hin. Und da mir Schlaf fehlt und ich glücklich bin, werden es abenteuerliche Kombinationen. Ein Beispiel? Ein Beispiel:

The woods are lovely, dark, and deep
Könnten doch Alle, alleallealle
mit acht Segeln und fünfzig Kanonen entschwinden.
But I have promises to keep,
And miles to go before I sleep.

Gestern sass ich in einer Bar. Sonntagabend. Gegenüber von uns sass ein Typ. Allein. Er trank ein kleines Bier. Langsam und stetig. Das Glas setzte er jeweils vorsichtig ab, als hätte er Angst, dass es in die Brüche gehen könnte. Seine grossen Hände umfassten es dabei fast ganz. Er war sehr breit und gross. Man würde ihn wohl „einen Schrank“ nennen. Sein Gesicht aber war das eines kleinen Jungen. Seine Haut bleich und eben. Seine Augen gross und unschuldig. Seine Haare verwuschelt. Alles in seinem Gesicht sagte: Ich will doch nur spielen. Er sass da, wechselte ab und zu ein Wort mit der Barkeeperin und blickte ansonsten interessiert und auch etwas ängstlich umher. Es kam mir vor, als hätte sich ein Kind in seine eigene Puppenstube gezaubert und sässe nun – zu gross und zu kräftig – ehrfürchtig da und warte darauf, dass irgendetwas geschehen möge. Hauptsache, es geschieht etwas. Hauptsache, es geschieht irgendetwas.

 

PS: „Vom Ende einer Geschichte“ von Julian Barnes ist übrigens wahnsinnig lesenswert. Kostprobe? Kostprobe:
“ … und versicherten uns gegenseitig, Grenzüberschreitung sei die oberste Pflicht der Fantasie.“
oder
„Das war so eine Angst, die uns quälte: dass es im Leben anders zugehen könnte als in der Literatur.“
oder
„Aber wenn man unter Nostalgie heftige Erinnerungen an intensive Gefühle versteht – und ein Bedauern darüber, dass solche Gefühle in unserem Leben nicht mehr vorkommen -, dann bekenne ich mich schuldig. “
etc.

Zu rasch, um anzuhalten

(Model Larissa Bergmann als koksende Alice im Wunderland)

(Model Larissa Bergmann als koksende Alice im Wunderland)

Heute wurde ich von einem Arbeitskollegen gefragt, ob ich kokse. Ganz ernsthaft. Er hat das gefragt, weil ich viel unterwegs bin und wenig schlafe und rumhüpfe und selten stillsitze und manchmal so Quasselanfälle habe. Die Frage hat mich erstaunt. Natürlich, jetzt, wo ich darüber nachdenke, verstehe ich die Gründe, wie er darauf kam, sehr gut. Aber mein Bild von mir selbst ist so unglaublich weit entfernt von Koks, dass ich nie im Leben darauf gekommen wäre. Ich habe ein Bisschen lachen müssen und dann hab ich begonnen darüber nachzudenken. Ein Freund von mir hat mal gesagt: „Weisst du, du brauchst keine Drogen, du hast das alles schon in dir.“ Und ja, es stimmt irgendwie. Ich habe keine – oder nur wenig – Hemmungen, manchmal bin ich mutig, ich traue mich so einiges und lache viel. Und manchmal wirkt das wohl auch etwas zu aufgedreht, etwas zu schnell, etwas zu verdreht.

Heute habe ich ne Mail von Zitat bekommen, in der er sagt, dass er mich vermisst, aber keine Tränen über Vergangenes vergiessen will. Er sprach mich in dieser Mail mit „Vampini“ an – ein Spitzname von mir. Ich schrieb ihm zurück – frei nach Churchill:

„Vampini ist zu weit vorwärts gegangen, um sich zurückzuwenden und bewegt sich zu rasch, um anzuhalten.“

Nur ganz kurz, weil ich eigentlich so gar keine Zeit habe:

Für alle, die gerade verzagt sind oder das Gefühl haben, es werde NIE, NIE, NIE anders: Am 17. August 2009 hab ich euch von Ikarus erzählt, der was von Verliebtheit und Geschwätzigkeit des Herzens und so geredet hat und zum Schluss hab ich gesagt, dass ich auf den Moment warten würde, in dem er sich selber widerlegt. (Ich war mir natürlich sicher, dass dieser Moment kommen wird, denn er kommt immer, so sehr man auch NICHT daran glaubt.) Ha! Verliebt ist er ja schon lang, der Ikarus – über beide Ohren. (Mir hat er immer gepredigt, er werde sich nie wieder verlieben.) Jetzt hat er auch noch einen Sohn bekommen. Damit hätte er wohl in den kühnsten Träumen nicht gerechnet damals. (Gehofft ja vielleicht schon, aber gerechnet, nein.)

Eines Tages widerlegt man sich immer selbst. Das ist wahrscheinlich wie Zellteilung oder so. Irgendwann ist man ganz und gar neu.

Tüdeldü.

PS: „Es ist eine Kümmerlichkeit, dass die Menschen sich gewöhnt haben, an dem schäbigen, hölzernen Entweder – oder zu hinken.“ (Ricarda Huch)

Acryl für die Welt

Pinselpink, Pinselgrün - Acryl für die Welt!

Pinselpink, Pinselgrün - Acryl für die Welt!

Das Wochenende habe ich in Engelberg verbracht. Wir hatten Winterweekend mit der Firma. Wie immer war es sehr lustig, wie immer haben wir bis in alle Nacht gefeiert. Ich hab auf dem Tresen getanzt, an der Stange und hab noch andere Peinlichkeiten geboten. Aber (und das hier ist ein grosses aber) anders als immer war ich diesmal streng zu mir. Ich hab mich sozusagen an die kurze Leine genommen und nichts zugelassen. Heute hat mein Vertrauenskollege gesagt: „Du kannst das gut.“ Und ich hab gesagt: „Ja, weisst du, ich kann Abstand nehmen von meinen Gefühlen (in den meisten Fällen zumindest) und kann dann ganz ohne diese existieren. Es ist dann, als wären sie gar nicht da.“ Nicht, dass ich keine Sehnsucht gehabt hätte, natürlich nicht. Es war schliesslich Nacht, ich war weg von zu Hause und es war Alkohol im Spiel. Was ich aber doch endlich einigermassen im Griff habe, ist, dass ich die typische Form von Aggression, die ich so lange kultiviert habe, nicht mehr anwende. Diese positive Aggression, die man auch Übersprungshandlung nennen könnte. Dafür bin ich offen „normal“ aggressiv, was – ehrlich gesagt – nicht besser ist. Aber auch damit muss ich jetzt umgehen lernen, denn das ist neu für mich.

„Immer wenn wir liegen und schlafen
Lösen sich Schiffe dunkel vom Hafen.“ (Albin Zollinger)

Manchmal ist es einfach verdammt schwer die Dinge auseinander zu halten. Was gehört jetzt zu was? War das Ding hier nicht eben noch grün? Verdammt, wohin gehört jetzt das türkise Teil? Zu den Blauen? Und warum hat es nie, nie, nie ein goldgelbes Stück, wenn man es am dringensten braucht? Diese dunkelgrauen Klötzchen können mich mal. Wird Zeit, dass ich die Acrylfarbe aus dem Schrank hole und alle grauen Dinge mit dicken Pinselstrichen pink anmale. (Mit Öhrchen, versteht sich.)

Acryl für die Welt

Acryl für die Welt

Es ist besser auszubrennen, als langsam zu verblassen.

(Obiges Zitat ist übrigens von Cobain.) Fauler Sonntag. Wäsche zusammenlegen, dabei ein Hollywood-Film schauen, Kaffee trinken (literweise) und versuchen nicht nachzudenken. Fauler Sonntag.

Gestern hab ich von ElfElf den Kopf gewaschen bekommen, die wiederrum von mir die Leviten gelesen bekam. Die Party, an der wir waren, war die schrecklichste seit langem und dennoch hab ich mehr gelacht als sonst.
Zudem bin ich stolz auf mich. Es gibt doch diese Muster: Man begeht in gewissen Situationen immer die selben Fehler. Klar, die Situationen sind mal so und mal so und man erkennt sie nicht gleich, als die „gemusterten“. Und dann plötzlich, kurz bevor es zu spät ist, taucht das Muster aus dem Dunkel auf. Päng. Und dann weiss man: Entweder ziehe ich die Notbremse genau jetzt oder ich bin verloren. Gemein ist natürlich, dass man die Notbremse so überhaupt nicht ziehen will, weil man (einem Süchtigen gleich) unglaublich gerne würde weitermachen wollen. Man belügt sich und macht sich etwas vor und denkt: „Ach, was. Is doch alles ganz harmlos.“ Ist es natürlich nicht. Ganz und gar nicht. Ich hab sie also gezogen, die Notbremse. Ist mir gar nicht leicht gefallen. Aber ich kenne mich. Langsam aber sicher kenne ich mich. Und du musst wissen, dass ich ziemlich gewitzt sein kann. Ich kenne viele Tricks und jede Geheimtür. Damit ist aber Schluss. Jetzt leide ich einige Zeit und muss mir immer wieder vergegenwärtigen, dass der Fehler, den ich unweigerlich begangen hätte, ein grosser gewesen wäre. Einer, der mich viel hätte kosten können. Die andere Stimme ist laut, wohl war. Die, die sagt: Wer weiss, vielleicht wäre es kein Fehler. Vielleicht wäre es sogar extrem gut. Vielleicht wäre es genau richtig. Und dann denke ich weiter und weiter und weiss, dass es genau richtig ist, wie ich es gemacht habe. Das erste Mal. Das erste Mal lasse ich mich nicht treiben. (Und wer mich kennt, weiss, dass das Gewalt gleich kommt.) Schlussendlich kann ich nur mir selbst etwas vorwerfen. Man wird immer nur so behandelt, wie man es zulässt.

Gestern hab ich mit einem Clown (und es war wirklich einer) ein seltsames Gespräch geführt. Er sagte: „Tatsache ist, dass man zwar mit dem Herzen „ja“ und „nein“ sagen kann. Mit dem Willen hingegen kann man nur „nein“ sagen, niemals „ja“.“

Nun also lass ich den faulen Sonntag, fauler Sonntag sein, gehe ab unter die Dusche, brezle mich auf und dann geht’s raus ins nächste Abenteuer. Eine neue Linie, die sich über meinen Körper zieht. Auf dass die alten verblassen mögen.

„Tue soviel Gutes, wie du kannst, und mache so wenig Gerede wie nur möglich darüber.“
(Charles Dickens)

Kein Reiter wird’s erjagen

Warum bin ich so fröhlich?

Warum bin ich so fröhlich?

„Das Glück, kein Reiter wird’s erjagen, es ist nicht dort und ist nicht hier. Lern überwinden, lern entsagen, und ungeahnt erblüht es dir.“ (Theodor Fontane)

Kennst du das? Du stehst am Morgen auf, es ist ein ganz normaler Dienstag in einem ganz normalen Monat. Das Licht ist ein Bisschen heller als auch schon und das freut dich. Du stehst also auf, nur ein klein wenig leichter als sonst und freust dich ganz, ganz wenig auf den ersten Kaffee. Etwas leichtfüssiger und fröhlicher als an den Tagen zuvor machst du dich auf den Weg zur Arbeit. Dort fragt dich jemand wie es dir geht. Du sagst – halb im Scherz – so etwas wie: „Es geht mir gut, danke. Mir geht es immer gut, wenn ich arbeiten darf.“ Das Gegenüber sagt „oh!“. Du merkst, dass das sehr absurd, aber auch irgendwie sehr ernsthaft geklungen hat. Dann – im Laufe des Vormittags – sagen dir die Kollegen Sachen wie „Ah, Sabine sieht heute auch wieder gut aus. Das kann nur ein guter Tag werden.“ oder „Heute in blau?“ oder aber „Du leuchtest so! Bist du verliebt?“ Du bist erstaunt, denn du bist nicht verliebt.*** Dann siehst du den Zettel an deiner Bürotüre, der jemand dahin geklebt hat. Darauf steht in grosser Schrift: „Lachen!“ Du lächelst. Draussen scheint unverhofft die Sonne und du blinzelst ins Licht bei einer Zigarette. Dann kaufst du dir in der Pause endlich neue Kopfhörer – du hattest deine im Fitnesscenter liegen gelassen. Du hörst ein Lied, von dem du keine Ahnung hattest, dass du es in deiner Musiksammlung hast. Das Lied ist seltsam, aber macht dich irgendwie froh. Und während du sitzt und dich freust, merkst du plötzlich, dass du glücklich bist. Seit langem das erste Mal so richtig grundlos scheiss-glücklich. Du schüttelst den Kopf und grinst das breiteste Grinsen des noch frischen Jahres.

Chumm, mir wei…

***„Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ (Benjamin Franklin)